Eine kurze, individuelle Stituationsbeschreibung der Pfeifenkultur in der DDR von
1972 - 1989

 

Das Pfeiferauchen habe ich Mitte 1972 begonnen, zunächst aus jugendlichem Übermut. Heute würde man sagen, dass ich das "cool" fand. Die erste Pfeife war dementsprechend eine Mutzpfeife mir braun lackiertem Kopf und gelbem Mundstück. 

Die Situation damals war so, dass es in fast jedem Tabakwarenladen auch eine akzeptable Auswahl an Pfeifen gab. In meiner Heimatstadt  gab es zu dem ein sehr großes, schönes Fachgeschäft, die "Weinarkade". Dort hatte man stets die Auswahl aus ca. 60 bis 70 Modellen, ein Zustand der leider später nie mehr erreicht wurde. Die meisten Pfeifen stammten von den Firmen Howal und ARK. Die Pfeifen von ARK waren mir persönlich nicht so lieb, weil sie selbst für damalige Verhältnisse etwas "altmodisch" erschienen.

Die Fa. Howal hatte auch ein umfassenderes Angebot an Pfeifen. Hierbei handelte es sich durchweg um klassische Formen, allerdings in durchaus unterschiedlicher Größe (entspr. Dunhill 2-4), z.T. mit facettierten Köpfen und sogar mit Hornmundstücken. Die Preise lagen zwischen 10.- und 15.- Mark. Der Erwerb einer kleinen Pfeifensammlung war also auch für einen Abiturienten finanziell im Bereich des machbaren! Zudem gab es gelegentlich auch sandgestrahlte Pfeifen mit Meerschaumfutter, die sich ausgezeichnet rauchten, um 17.- Mark. Einige Sondermodelle (z.B. rustizierte Poker) konnten bis 25.- DM kosten. 

Alle Pfeifen waren ordentlich oberflächenbehandelt, die Mundstücke sauber verschachtelt. Jede Pfeife trug eine (i.d.R.) vierstellige Modellnummer. Die Köpfe hatten dennoch sehr oft kleine Kittstellen und keine besonders attraktive Maserung. Abgesehen von den Kittstellen entsprachen die Pfeifen in der Größe, Form und Maserung aber durchaus dem Standard, den ich von Estates "westlicher" Pfeifen aus den Jahren zwischen 1970 und 1990 her kenne. 

Die Pfeifen waren meist dunkelrot gebeizt. An Zierringe kann ich mich nur in einem Falle erinnern. Das Mundstückmaterial war relativ brüchig; man konnte es sehr leicht durch beißen bzw. unmittelbar am Biss zubeißen. Es war dann recht dramatisch, einen Pfeifenreiniger hindurchzuziehen. Da auch der Draht im Pfeifenreiniger von schlechter Qualität war, konnte es passieren, dass der Pfeifenreiniger im Mundstück abbrach. Diese Unzulänglichkeiten wurden dadurch einigermaßen kompensiert, dass es "passende" Mundstücke für Preise um 50 Pfg. nahezu überall zu kaufen gab. Ich habe noch heute einige dieser alten Mundstücke. Manche Mundstücke hatten einen Metallzapfen, was nicht selten Anlass für Holmbrüche war. Üblicherweise hatten die Pfeifen einen "Kühlstift" aus Metall, den ich stets gleich weggeworfen habe.

Zu dieser Zeit (bis ca. 1979) waren alle diese Pfeifen in einem sehr schönen Präsentationskarton verpackt. Das Unterteil des Kartons war aus fester, weißer Pappe, schön mit einem seidigen, weißen Stoff ausgeschlagen, der Deckel mit dem Firmennamen war aus einem durchsichtigen Material (etwa wie Overhead Folien). Die Kanten waren mit einer goldfarbenen Kordel verziert. Zudem gab für jede Pfeife einen gelben Stoffbeutel mit roter Schnur. Es war alles mit einer gewissen Liebe zu Detail gemacht. Von der Auswahl her und den sonstigen Umständen war dieser Zeitraum also für den Pfeifenraucher in der DDR durchaus akzeptabel, wie mir damals auch ein pfeifenrauchender Freund meines Vaters aus Westdeutschland, der uns ca. 1973 besuchte, bestätigte. 

Nach 1979 hat sich jedoch die Situation deutlich verschlechtert. Zunächst verschwanden die oben beschriebenen Pfeifen nach und nach völlig aus den Geschäften und wurden abgelöst von Pfeifen der Serie "Old Briar". Hierbei handelte es sich um Pfeifen, die z.T. durchaus größer (bis Gr.6) und teurer (45.- bis 110.- Mark) waren, als die bisher beschriebenen, aber die einige sonderbare Eigenheiten hatten. Soweit ich diese "Old-Briar" Pfeifen vollständig kenne, waren sie fast ausschließlich braun und maschinell (?) rustiziert. Zudem hatten fast alle einen extrem flachen Holm und, dementsprechend, ein extrem flaches Mundstück. Am Mundstück waren diese Pfeifen mit einem ziemlich großen, goldenen Punkt gekennzeichnet, der alsbald abblätterte. Das Mundstück selbst war aus einem sehr weichen Material, was kaum brach, aber bei selbst moderater Handhabung in Nu "zugebissen" wurde. Auch in dieser Serie "Old Briar" gab es ein highlight. Hierbei handelte es sich um eine relativ große Pfeife, den Pfeifen mit Naturborke nachempfunden, mit Meeerschaumfutter und einem Fancy-Mundstück. Offenbar kannten die Hersteller die Probleme mit den Mundstücken, jedenfalls wurde dieser teuren Pfeife (110.- Mark) gleich ein Ersatzmundstück beigelegt. Dieses hatte aber keinen goldenen Punkt.

Nach ca. 1981 verschwanden auch diese Pfeifen vom Markt. Faktisch gab es fast überhaupt keine Pfeifen mehr zu kaufen, außer in wenigen Spezialgeschäften (Fa. Junghans, Berlin, Chausseestr.; Herr Wang,  Leipzig, Mädlerpassage), wo die Eigentümer wohl Verbindungen ins Ausland hatten. Dort konnte man, mit viel Glück noch eine Pfeife bekommen, meist recht kleine No-Names zu Mondpreisen. 

Mitte der 1980ger Jahre erschienen dann nochmals Pfeifen auf dem Markt, die an die "Old Briar"-Serie anknüpften.  Diese warenofffenbar auf den gleichen Maschinen und anhand gleicher Vorlagen wie die "Old Briar"-Pfeifen gefertigt, ebenfallsd rustiziert, aber faktisch nicht mehr gebeizt und poliert. Die Oberfläche war sehr "sandig", als wären sie mit maximal 150er Schleifpapier geglättet. Auch diese Pfeifen hatten einen flach-ovalen Holm und ein sehr flaches, schlecht oberflächenbehandeltes Mundstück, welches jedoch eine Krone als Markenzeichen trug. Dennoch schienen diese Pfeifen noch aus Bruyere zu sein.  Mit dem weiteren wirtschaftlichen Verfall der DDR verschwanden schließlich auch diese Pfeifen. Ein letztes Aufflackern gab es etwa 1988, wo nochmals Pfeifen unter dem Label "Old Briar" auf den Markt kamen, die wirklich katastrophal schlecht gearbeitet und, soweit ich das einschätzen kann, auch nicht mehr aus Bruyere waren. 

Abschließend ein Wort zum Pfeifenzubehör: Es war sehr selten! Ich habe aus dieser Zeit einen Pfeifenständer (rund) für 6 Pfeifen und zwei Pfeifenhüllen aus Spaltleder mit Reißverschluss. Den Pfeifenständer habe ich heute noch im Gebrauch. Er hat den Vorteil, dass die "Lager" für die Pfeifenköpfe aus einem weichen, biegsamen Draht sind, der die Anpassung an die jeweilige Kopfform gestattet. Pfeifenaschenbecher oder Pfeifenfeuerzeuge gab es meines Wissens nicht. Natürlich gab es für kleines Geld die bekannten "Tschechen" und Pfeifenreiniger.

 

Schlussbemerkung: Den überwiegenden Teil meiner Sammlung von Pfeifen aus der DDR habe ich zu dessen Lebzeiten Herrn Otto Pollner für das Tabakmuseum in Bünde übergeben.

Es ist ausdrücklich nicht gestattet, diese Texte, auch auszugsweise, und Bilder, ohne mein schriftliches Einverständnis herunterzuladen und zu verwenden! (c) Pipendoge, 2009