St. Claude 

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Das französische Städtchen St. Claude, im "Hohen Jura" malerisch gelegen, wird vielfach als das "Pfeifenmekka" schlechthin gepriesen. Und in der Tat scheint sich hier sehr viel um die Pfeife zu drehen oder aber gedreht zu haben. Und auch heute wird der lebendige Ort, zumindest für den Suchenden in puncto Pfeife sehr rasch zu Fundgrube.

Doch beginnen wir mit der Anreise. Gemeinsam mit dem Schweizer Pfeifenmacher Daniel Jud  wurde die Reise schon seit geraumer Zeit geplant. Wir hatten uns entschieden, gemeinsam in das schweizerischen Vallée de Joux zu fahren, in Le Sentier Quartier zu beziehen und von dort aus am nächsten Tag nach St. Claude zu fahren. Das Vallée de Joux , ausgefüllt vom gleichnamigen See ist ein Zentrum der Schweizer Uhrenindustrie, darüber hinaus überaus malerisch und touristisch nicht überlaufen.

Die Fahrt von Le Sentier nach St. Claude dauert ca. 60 Minuten und führt über die Hochebene des Jura. Unmittelbar vor St. Claude geht es dann eine abenteuerlich anmutende, aber gut ausgebaute Serpentinenstrecke in das enge Tal hinab. Kannte ich von bisherigen Bildern St. Claude nur in vergleichsweise düsteren Farben, erwartete uns nun ein sonnendurchflutetes Tal mit einem Städtchen von beinahe südlicher Lebensfreude und Geschäftigkeit. Durch die eingeengte Tal-Lage besteht St. Claude nur aus wenigen, aber langen Straßen, die sich an der Kathedrale treffen und zu einem Platz erweitern.

Dort befindet sich auch das Pfeifen- und Diamantenmuseum, welches gleichzeitig Sitz und Versammlungsstätte der angesehenen Bruderschaft der Meister der Pfeifenmacher in St. Claude ist.

In der Nähe beginnen dann auch schon die ersten Pfeifengeschäfte den interessierten Besucher in ihren Bann zu ziehen. Es gibt dem Grunde nach zwei verschiedene Arten von Geschäften. Zum einen reine "Fabrikverkaufsstellen" die auschließlich Pfeifen und hier auch nur  Marken  eines Herstellers führen, wie etwa "Genod" oder "Lacroix". Darüber hinaus gibt es Geschäfte mit breiterem Sortiment (Schreibwaren, Zeitungen) die das Sortiment einzelner Marken als "Repräsentanten" führen, wie etwa "Chacom", "Ewa" oder "Butz Choquin".

In jedem einzelnen dieser Geschäfte gibt es eine nahezu unüberschaubare Anzahl von Pfeifen in allen erdenklichen Formen und Oberflächen. Im großen und ganzen handelt es sich um klassische Formen recht schlichter Machart, in der Regel immer mit vorgefertigten Mundstücken versehen und diesen eigentümlichen "Kühlsystemen" ausgestattet. Wegen der gigantischen Auswahl findet man aber immer wieder ein interessantes und ansprechend gemachtes Stück, zumal die meist wirklich kleinen Preise (zwischen 15.- und 40.- Euro) auch über das eine oder andere Defizit hinwegsehen lassen.  Alle Geschäfte führen auch "Freehands", wobei dies auch nicht allzu wörtlich genommen werden sollte; besser spricht man von Unikaten. Diese sind oft von recht abenteuerlicher Gestaltung und auch hier sind die Mundstücke nicht viel sorgfältiger gemacht als bei den Serienpfeifen. Die Preise dieser Pfeifen, zwischen 250.- und 400.- Euro sind, auch im Vergleich mit der Konkurrenz aus Italien, als recht hoch zu bewerten.

Ein besonderer Lichtblick waren in diesem Kontext die Pfeifen von Pierre Morel, einem Freehander, der unter eigenem Namen produziert und auch Unikate für "Chacom" und "Genod" anfertigt. Diese schön gefertigten Pfeifen, die mich stilistisch ein wenig an die deutsche Marke "Reiner" erinnerten, kosteten zwischen 60.- und 85.- Euro.

Ein weiterer Höhepunkt ist dann schließlich der Besuch des "Pfeifen-  und Diamantenmuseums". Das unscheinbare Gebäude im Schatten der Kathedrale beinhaltet neben der Darstellung der Edelsteinschleiferei in und um St. Claude auch eine stattliche Sammlung antiker Pfeife und Tabakdosen. Prunkstück der Ausstellung ist zweifelsfrei eine gigantische Kopierfräse, mit der im 19. Jahrhundert Poträtpfeifen hergestellt wurden, wobei die Matritzen etwas lebensgroß sind. Ein Meisterwerk der Feinwerktechnik, welches uns heute noch Respekt einflößt und zu seiner Zeit gewiss einzigartig war.

Vom Museum aus hat man auch Zutritt zum "Archiv" der Bruderschaft der Meister-Pfeifenmacher in St. Claude. Diese bekannte Gesellschaft vereinte einst, einer Gilde vergleichbar, die Pfeifenmachermeister. Heute gehören ihr zudem Persönlichkeiten an, die sich besonders um die  französische Pfeife verdient gemacht haben, wie Schauspieler, Politiker und Pfeifenfachleute aus aller Welt. Diese werden von den Mitgliedern gewählt und in einem festlichen Ritual aufgenommen.

Im "Archiv" ruhen, in Glasvitrinen auf einem Sockel mit Namensschild und Datum der Aufnahme je eine Pfeife aller bisherigen und derzeitigen Mitglieder. Man findet manchen bekannten Namen darunter.